Wir habens wieder mal geschafft: das mittlerweile jahrelang trainierte und erprobte Casting-Show-Publikum hat sich wieder mal entschieden und ein neues Opfer der SMS-Interaktions-Voting-Wut gefunden. Mit knapp 600.000 Zuschauern waren auch die Quoten der Final-Show für diese Staffel hitverdächtig. Die Single erklimmt im Laufe des Samstag Vormittags locker die Nummer 1 bei iTunes, nicht verwunderlich bei derartig massivem Medienauftritt. Die Frage, die sich an dieser Stelle natürlich immer stellt, ist die, ob nach dem Erfolgsrausch nach dem Gewinn der Sendung jetzt die Ernüchterung folgt, oder ob hier langfristig eine Karriere aufgebaut werden kann. Die Geschichte zeigt, dass das Format Casting an sich erfolgreich ist (gemessen an den durchschnittlichen Zuschauerzahlen), die Karrieren der jeweiligen Gewinner allerdings eine äußert kurze Lebensdauer aufweisen. Im Fall von Christina Stürmer konnte man mit der damals Zweitplatzierten zwar eine wirklich erstaunliche Karriere auf die Beine stellen, an Michael Tschugnall, den damaligen Gewinner, erinnert sich allerdings kaum jemand. Wird ein ähnliches Schicksal jetzt der erstplatzierten Cornelia Mooswalder und ihrem Vize Lukas Plöchl blühen?

Die Anzeichen dafür sagen ja: Lukas Plöchl aka G-Neila mit seinem Projekt Trackshittaz bringt musikalisch eine (relativ) innovative Leistung auf Tapet: in Bester Manier der aktuellen Musikströmung, die durch Künstler wie David Guetta, Lady Gaga oder auch den Atzen salonfähig geworden ist, präsentiert er freche, jugendorienterte Texte mit charterprobten Beats. Zudem wirkt er dadurch authentisch, dass er auch vorher schon diese Art von Musik selbst erdacht und umgesetzt hat („Alloa beim Fraunz“, das Cover von Stromae beispielsweise existiert schon seit vor dem Sommer 2010). Er trifft auch den Nerv der jungen österreichischen Bevölkerung, die durch TV-Formate wie „Saturday Night Fever“ auf sozialpornografische Darstellung von Komsaufen und American Pie im Real-Life getuned sind wie der berühmte pavlow’sche Hund. Songs wie „3 Tage wach“ oder „Das geht ab“ haben das Feld geebnet.

Auf der anderen Seite haben wir mit Cornelia Mooswalder die typische Siegerin einer Casting-Show: das sympathische Mädel aus der Nachbarschaft. Allerdings fehlt ihr die schon oben erwähnte Authentizität. Durch ihre natürliche Art kann sie zwar Sympathien auf ihre Seite ziehen, allerdings ist ein Publikum immer unerbittlich. Vor allem, wenn gleich im Anschluss im Privat-TV das Casting für X-Factor beginnt, DSDS gerade am Laufen ist und der ORF natürlich auch noch mit seiner Songcontest-Show nachlegt (zu der nicht die Gewinnerin der eben erst zu Ende gebrachten Casting-Staffel fahren darf). Der Sieger-Song an sich folgt der gelernten und verinnerlichten Struktur des radiotauglichen, unaufdringlichen Pop-Songs. Tut nicht weh, bleibt aber auch nicht hängen. Die Thematik schon zehnmal durchgekaut, den Strophen- und Chorus-Aufbau schon 100 mal gehört. Ein wirklich schöner Song also, aber auch kein Aufreger – perfekt dem Format angemessen.

Am Besten also, wenn man die 100.000 Euro nimmt (von denen nach Abzug der Steuern eh nur mehr die Hälfte übrig bleibt) und diese in sinnvollere Aktionen als die Produktion und Veröffentlichung eines Albums steckt – nichts anderes war aber auch die Zielsetzung: anstatt sich in die Mühlen der Musikindustrie zu begeben und auf Teufel komm raus gehyped, promoted, durch die Medien gezogen zu werden um schlussendlich der Aufmerksamkeitsspanne und Sensationslust des Konsumenten nicht mehr standhalten zu können, ging es darum, sich während der Staffel bestmöglich zu präsentieren, dem Sender Quote zu bringen und dafür fürstlich belohnt zu werden – von einer Karriere wurde nicht mal im Kleingedruckten etwas erwähnt. Eine Win-Win-Situation sozusagen: Quote für den Sender, Kohle für den Sieger und ein Zweitplatzierter, der es vielleicht noch zu was bringt.

Aber was denkt das Publikum? (eine gute Gelegenheit, diese Umfrage-Tool mal zu testen)

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